Gemäss unserer Definition im Rahmen des LP3 Leadership-Programms , muss eine Führungskraft auf drei Ebenen präsent sein:

  • Physisch – in Krisensituationen
  • mental – volle Aufmerksamkeit in Gesprächssituationen
  • psychisch – als sogenannter Schutzengel dem Team und den einzelnen Mitarbeitenden in unterschiedlichen Situationen Rückendeckung geben

Auf diese drei Ebenen wollen wir nachfolgend etwas genauer eingehen.

Physisch: Gerade in hektischen, sich ständig verändernden Situationen muss eine Führungskraft Präsenz zeigen, also für die Mitarbeitenden vor Ort da sein und sich ihrer Anliegen annehmen. Sie sollte die Mitarbeitenden oder das Team in der Krise unmittelbar und proaktiv bei der Lösungsentwicklung unterstützen. Wenn es nicht möglich ist, immer vor Ort zu sein, dann sollte eine Führungskraft sicherstellen, dass die Mitarbeitenden wissen, wie und wann sie erreichbar ist und Hilfestellung mittels technischer Hilfsmittel auch über Distanz anbieten.

Mental: Für die Führungskraft bedeutet das aus unserer Sicht, dass sie sich gut selbst managen muss, damit sie sich mental aufmerksam auf das Gegenüber einlassen kann. Das heisst beispielsweise, dass sie die Woche gut plant, Zeit für Selbstreflektion hat und sich immer wieder selbst erdet. Dazu bieten sich verschiedene Techniken, mit denen diese Präsenz-Form trainiert werden kann, an: Achtsamkeitsübungen, MBSR Trainings, Meditation, Phantasiereisen, mentales Training und Joga. In einem Gespräch präsent sein, bedeutet sich voll auf das Gespräch einzulassen, dem Mitarbeitenden aktiv zuzuhören, sich in seine Perspektive zu versetzen und die geeigneten Bedingungen für das Gespräch zu schaffen (z.B. geeigneten Raum organisieren, Störungen und Ablenkungen vermeiden usw.).

Psychisch: Eine Führungskraft sollte auch immer ein „Schutzengel“ sein. Was heisst das? Eine Führungskraft sollte für seine Mitarbeitenden einstehen, so dass sie sich sicher fühlen. Wenn Fehler passieren, soll sie den Kontakt mit dem Mitarbeitenden suchen und Hilfestellung bieten. So, dass jeder im Team merkt, dass die Schuld nicht von Mitarbeiter zu Mitarbeiter abgeschoben werden muss. Im Weiteren heisst es aber auch, sich als Führungskraft vor die Mitarbeitenden zu stellen, um sie z.B. vor anderen Vorgesetzten oder Teams zu schützen.

Jede Führungskraft sollte regelmässig reflektieren, ob sie auf allen drei Ebenen präsent ist. Wenn sie diesbezüglich noch Potenzial zur Verbesserung ihrer Präsenz vermutet, dann lohnt es sich, die Mitarbeitenden um ein Feedback zu bitten. Auf Basis dieser Rückmeldung kann die eigene Präsenz verbessert und gestärkt werden.

Hier folgen ein paar Fragen zur Anregung der Selbstreflexion zum Thema Präsenz:

  • Bin ich erreichbar, wenn es brennt und meine Mitarbeitenden in der Krise stecken?
  • Höre ich aufmerksam zu oder lasse ich mich schnell ablenken oder erledige ich nebenher noch andere Sachen?
  • Spüre ich mich selber?
  • Lebe ich im Hier und Jetzt? Oder bin ich mit den Gedanken irgendwo anders?
  • Stelle ich mich bei entstandenen Fehlern vor meine Mitarbeitenden und übernehme die Verantwortung dafür?
  • Unterstütze ich sie aktiv in der Lösungsfindung?

 

Wie denkt die Inhaberin Nadine Waldvogel über das Thema „Präsenz“

In meinem beruflichen Kontext widme ich mich sehr intensiv der Thematik der Führungsentwicklung. Ich trainiere verschiedene Führungskräfte in unterschiedlichen Branchen und Hierarchie-Ebenen. Im Rahmen unserer Leistungsvereinbarung mit der SVA CH integrieren wir psychisch und physisch beeinträchtigte Menschen. In vielen dieser Lebensgeschichten taucht das Thema Präsenz auf. Wie zum Beispiel;

  • dass die Führungskraft wahrnimmt, dass sein Mitarbeitende ein Problem entwickelt
  • dass der Mitarbeitende z.B. verhaltensauffällig ist
  • dass die Konzentration nachlässt und z.B. die Verantwortung nicht wahrgenommen wird
  • dass der Mitarbeitende auffällig viele Absenzen aufweist
  • dass der Mitarbeitende z.B. in der Leistung nachlässt, sich nicht gut fühlt usw.

Wenn eine Führungskraft in den oberhalb erwähnten Beispielen präsent ist, kann sie frühzeitig intervenieren und entsprechenden Support bieten oder gegebenenfalls entsprechende Hilfe organisieren. Hier könnte ich noch viele Beispiele aufzählen, die ich erlebt habe. Bestimmt kennen Sie ebenfalls solche Beispiele aus Ihrem Berufsalltag.

Aufgefallen ist mir, dass die Führungskräfte Beobachtungen/Wahrnehmungen zunehmend wegdrücken, wenn sich die Problematik eines Mitarbeitenden verschärft. Manchmal aus Angst, das Falsche zu tun und/oder einfach aus Unsicherheit, wie man sich der Sache korrekt annehmen müsste. Natürlich ist dies verständlich, solche Situationen sind nicht einfach. In diesem Kontext hilft es sich auf das Wesentliche zu reduzieren und Präsenz folgendermassen zu üben:

  • Ich sehe dich (den Mitarbeitenden)
  • Ich bin präsent
  • Ich spreche die Situation an
  • Ich installiere ein entsprechendes Hilfesystem (intern oder mit externen Fachkräften)
  • Ich bin da, wenn mich meine Mitarbeitenden benötigen

Wenn alle Führungskräfte an ihrer Präsenz arbeiten, die richtigen Instrumente in der Führung an der Hand haben und ihre Fürsorgepflicht in diesem Zusammenhang wahrnehmen, können wir gemeinsam viele „schwierige“ Geschichten verhindert und präventiv wirken. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht?