Buchtipp – Warum zum Teufel Ritalin?

ADHS was heisst das für die Betroffenen? Stephan Rey ist einer von ihnen und er fasziniert mich an seiner Lesung mit integrierter Diskussionsrunde mit seiner Authentizität. Mit 45 Jahren erhielt er als gelernter Psychiatriepfleger die Diagnose ADHS. Er selbst sei nie auf die Idee gekommen, dass er ADHS habe. Er erzählt, dass er sein ganzes Leben lang eine innere Unruhe verspürt habe, sich nicht konzentrieren konnte, impulsiv reagierte und schon als Kind aneckte. Zum Glück hatte er verständnisvolle Eltern und viel Freiheit, doch allgemein herrschte die Meinung, dass man verhaltensauffälligen Kindern nur durch Erziehung helfen könne. So beeinflusste diese seine Kindheit und er verstand nicht, was er denn «falsch» machte.

Heute ist er 54 Jahre alt und fühlt eine «innere Ruhe». Diese verdanke er nicht nur der Diagnose, sondern Ritalin. Mit der richtigen Medikamenteneinstellung und Therapie hat er es endlich geschafft eine gute Lebensqualität zu erreichen. Nun könne er zum Beispiel entspannt in einem Bus sitzen, mit seiner Tochter Guetzli backen oder gelassen seine Reisen geniessen. Auch dieses Buch zu schreiben wäre ohne Ritalin nicht möglich gewesen. Darin erzählt er von seinem Leben ohne und mit Ritalin. Er möchte Menschen mit ADHS Mut machen und all jenen eine Stimme geben, die heimlich Ritalin nehmen und sich dafür schämen. Nicht jeder mit ADHS muss Ritalin nehmen und auch nicht für jeden stimmt es, doch die Öffentlichkeit soll bitte aufhören Ritalin zu verteufeln, wenn es doch auch so viel Gutes bewirken kann.

Mut beweist auch Stephan Rey: Dieses Buch zu schreiben und eine Lesung mit Diskussionsrunde im grösseren Personenkreis zu geben, an der auch viele Betroffene teilnehmen. Dabei merkt man wie emotional das Thema ist. Für jemanden mit ADHS nicht einfach. Ich unterhalte mich kurz mit ihm, kaufe sein Buch und lese es sofort. Es ist leicht und verständlich geschrieben und gibt einen guten Einblick. Frau Dr. med. univ. Ilona Maier hat mitgewirkt und erläutert jeweils die Kapitel, was sehr aufschlussreich ist.

Zum Schluss möchte ich noch einen Satz im Buch erwähnen, der mich besonders berührt hat:
Heute definiere ich Freiheit insofern, dass ich mir einiges im Leben zutraue. Ein Gefühl, das mir quälende Jahre zuvor gefehlt hatte.

Warum zum Teufel Ritalin
Diagnose ADHS – mein Leben mit und ohne Medikament
von Stephan Rey

Bild: Stephan Rey bei der Signierung seiner Bücher

Text und Bild: © Michelle Backes